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Samstag, 25. Juli
Erst vor 2 Tagen aus Freiberg von meinen Prüfungen gekommen,
habe ich mich reisefertig gemacht. Bei mäßigem Wetter geht es
mit vollem Kofferraum auf der Autobahn nach Hamburg, durch Sankt
Pauli zum Skandinavien Kai (ich fahre mit Scandinavian Seaways).
Ich drängle mich an den Autoschlangen vorbei in die Fähre
und schließe mein Fahrrad an. Meine große rote Anhängertasche
geschultert begebe ich mich nach oben. Hier werden die
Passagiere von 2 "Musikern" empfangen, es sollen
jedenfalls welche sein. Ich würde sagen, man nehme einen
4-jährigen und ein Keyboard, da kommt dann das gleiche raus,
mit dem Unterschied, das es dem Kleinen nicht peinlich sein muss.
Die Fähre legt fast pünktlich um 15:30 Uhr ab. Ich habe
einen Sitzplatz, da man aber hier nicht viel sieht, setze ich
mich erst mal auf das Deck und genieße die Ausfahrt aus der
Elbe bei sehr starkem Wind. Gegen Abend esse ich aus einer auf
dem Schiff gekauften 1 kg-Lakritzpackung Abendbrot, danach lese
ich noch bis zum Dunkelwerden. Zum Schlafen verziehe ich mich
lieber auf Deck und probiere den neuen Schlafsack und die Isomatte aus. Es ist ein schöner Beginn des Urlaubs, unter
freiem Himmel einzuschlafen.
Sonntag, 26. Juli
Ich wache 5.30 Uhr morgens auf, weil es ein wenig feucht
geworden ist, was einerseits an der Gischt auf hoher See lag und
andererseits daran, dass das Deck gerade mit einem
Wasserschlauch gesäubert wird, was der nette Herr mir
freundlicherweise auch hätte sagen können. So packe ich alles
zusammen und gehe unter Deck, stelle mich als erster Gast am
Eingang des "Admirals Club" an, um Frühstück zu
essen. Für 15,-DM darf man sich am Büffet bedienen. Dieses
ist dafür nicht zu verachten. Ich esse soviel, dass ich mich
gegen 8 Uhr erst mal auf meinen Sitzplatz zur Verdauung
zurückziehe. Es regnet in Strömen, als Englands Küste in
Sichtweite kommt.
Um 15.00 Uhr dann Einfahrt in die Bucht des River
Tyne, kurze
Zeit später anlegen in Newcastle upon Tyne. Ich gehe unter
Deck, verstaue wieder alles auf meinen Fahrradanhänger und
verlasse dann das Schiff mit einem guten Dutzend anderen
Radlern.
Schon direkt nach der Hafenausfahrt trennen sich die Wege und
ich bin alleine. Bis ich aus Newcastle herausfand, war es auch
schon bald dunkler und es begann zu nieseln. Ich fahre in
nördliche Richtung nach Ashington, wo auf einem kleinen
Zeltplatz (Guidepost) der Treffpunkt mit dem FSC-Clan ausgemacht
war, der schon eine Woche vorher losgeschippert waren. Ich komme
nach einigem Suchen zwar auf einen kleinen Zeltplatz, habe aber
keinen Pfund und kann so auch nichts bezahlen. Dem Warden
versuche ich mit meinem Englisch zu erklären, dass das auch so
in Ordnung ist, da meine Freunde bald kommen müssten und die
haben ja Geld. Ich baue also erstmal mein Zelt auf und schmeiße
den Kocher an. Im Dunkeln und im strömenden Regen kommen dann
auch irgendwann die anderen, also war's doch der richtige
Zeltplatz. Sie sind total demotiviert, weil sie in einer Woche
nur Regen und Wind gehabt haben und auch nicht allzu viele
Kilometer sprich Städte gesehen haben in Schottland. Christians
Rahmen ist außerdem gebrochen und so planten wir für den
nächsten Tag nur einen kleinen Ausflug nach Ashington inklusive
Schweißerbesuch.
Montag, 27. Juli
Der Zeltplatzwirt fuhr Christian am Morgen zu jemandem, der
das Fahrrad wieder notdürftig schweißen sollte, muss
wahrscheinlich ein Bekannter gewesen sein. Wir, die restlichen 3
schauten kurz in die Kleinstadt Ashington. Auf der Rückfahrt
gab es nach einem unglücklichen Bremsmanöver meinerseits einen
Abflug von der Straße für Friedemann, über den wir erst nach
einigen ernsten Gesichtern lachen konnten. Ansonsten lassen wir
heute nur unsere lange Weile raus durch kreatives Fahrradstapeln
oder Frisbee mit Tellern spielen. So sieht eigentlich Urlaub
aus.
Christian kommt auch irgendwann von seinem Schweißer
zurück, was mir und den anderen den ersten Lachkrampf in diesem
Urlaub bescherte (nachdem ich mir es beim Empfang auf der Fähre
verkniffen hatte). Geschweißt wurde der Rahmen nämlich von
einem Autoschlosser, so sah das Ganze dann auch weniger elegant
aus. Aber letztendlich war es doch wichtig, das man wieder sicher
Fahren konnte, wenn das Aussehen dann noch für gute Laune
sorgt, ist doch auch nicht schlecht.
Dienstag, 28. Juli
Morgens brechen wir bei starkem Wind Richtung schottische
Westküste auf. Unser Ziel: In 2 Tagen nach Stranraer. Das Tempo
ist dank meiner Motivation sehr hoch, wir fliegen förmlich.
Nach einigen Stunden bin ich allerdings fertig, dass war wohl
doch zu viel für den Anfang. Auch hatte ich nicht mit solch
hügeligen Terrain gerechnet.
Am Abend landen wir irgendwo zwischen dem Nichts und dem
Nochweniger. Greenhead heißt der Ort, liegt bei Haltwhistle.
Abends kochen wir das Standartabendessen Nudeln, kleine Insekten
in Massen machen uns den Genuss allerdings zunichte, wir
flüchten zum Essen ins Zelt und beschließen, am nächsten Tag
hier zu bleiben und uns die interessante Landschaft anzuschauen
(was wohl hauptsächlich aber daran lag, dass wir fertig waren).
Es wird also so schnell nichts mit Irland.
Mittwoch, 29. Juli
Es regnet natürlich mal wieder, außerdem liegt noch alles
unabgewaschen vom Vorabend auf der Wiese verstreut, das fördert
die Motivation. Dafür sind wir froh, das Gepäck im Zelt
dazulassen. Wir machen heute einen Ausflug zum "Hadrianswall", dem
ältesten römischen Grenzwall in Nordeuropa und auch der
nördlichste selbstverständlich. Wir gucken uns den Wall an und
auch das Roman Army Museum. Eine super Landschaft hier in
Nordengland.
Am Abend dann Krisensitzung, weil der FSC-Clan nur noch knapp 3
Wochen Zeit hat und für eine Irlandüberfahrt nicht recht
motiviert scheint, da wir ja auch erst mal bis zur Fähre nach
Stranraer kommen müssen. Aber entschieden wird erst mal nichts.
Langsam stärkt sich die Erkenntnis, dass mein Zelt Wasser
durch den Zeltboden läßt. Bis jetzt hatte ich immer geglaubt,
das ist nur Kondenswasser. Aber der Zeltboden ist inzwischen
doch schon recht dünn und hat kleine Löcher, er hat während
den letzten Frankreichtouren ja auch schon einiges mitgemacht.
Gegessen wird wieder Selbstgekochtes, diesmal mit 2 Kochern
zubereitet. Es nerven auch wieder diese kleinen Insekten, so dass
wir erneut alles liegen lassen und uns in die Zelte verkriechen.
Donnerstag, 30. Juli
Es geht wieder weiter. Auf nach Carlisle, nachdem wir in
strömendem Regen die Zelte und sonstigen Kram verpackten.
Langsam geht das Wetter auch mir an die Nerven. Wir besichtigen die Stadt und der FSC-Clan sucht nach einer
Reisemöglichkeit nach London, da sie sich jetzt doch
entschlossen haben, die Reise abzubrechen, weil für sie die
Überfahrt nach Irland zeitlich wie monetär nicht gerade mehr
reizvoll erscheint. Ich kann sie gut verstehen, würde nach 1 ½
Wochen Regen wohl auch so denken. Sie wollen noch einen Tag
London angucken und dann nach Harwich zur Fähre weiterfahren.
Der Fährtermin ging ohne Probleme umzubuchen. Ich hätte
allerdings alleine nach Newcastle zurückfahren müssen, da ich
dort mein Rückfahrticket gebucht hatte. So entschloss ich mich
unter Zweifeln, alleine nach Irland weiterzufahren. Abends im
McDonalds erfolgt dann der Abschied, nachdem ich mir noch eine
Plane zum Unterlegen für das löchrige Zelt gekauft und
ordentlich Burger verdrückt hatte.
Ich fahre nördlich weiter in Richtung schottische Grenze, den
Sonnenuntergang vor mir. Abends treffe ich noch ein deutsches
Pärchen mit Auto, die ich nach dem Weg frage. Ich steuere ein
Bed&Breakfast in einem Örtchen namens Gretna Green an, kurz
nachdem ich England verlassen habe. Weil alles durchnässt ist
und ich Zelt und Sachen erst mal trocknen möchte, gönne ich
mir heute diesen Luxus. Für £ 10,- bekommt man ein Bett mit
Frühstück, Dusche und natürlich auch einen Fernseher. Der hat
allerdings ein so schlechtes Programmangebot (irgendwelche Soaps
und Historienfilme), das ich dann doch lieber schlafen gehe.
Freitag, 31. Juli
Das Wetter und die Stimmung passen zum erstenmal in diesem
Urlaub, obwohl ich ab heute alleine fahren muss. Das liegt wohl
hauptsächlich daran, dass Stranraer und damit Irland in
Reichweite kommt. Ich komme auch einige Meilen voran, obwohl ich
die größeren Straßen erst mal meide und stattdessen die Landidylle genieße. Ich fahre über Annan am Solway Firth
entlang. Ich habe jetzt zwar mehr Gepäck zu schleppen, aber das
macht auch nichts mehr bei den schlechten Straßen wird man mit
dem kleinen Anhängerrad sowieso nur abgebremst. Hier sind in
(fast) jedem kleinen Ort Golfplätze zu finden, auf denen nicht
nur die Betuchten spielen, sondern ganze Familien oder
Seniorenscharen. Endlich finde ich auch mal einen preiswerteren
Supermarkt (Aldi). Ansonsten ist das Essen im Vereinigten
Königreich eher mäßig, da es nur Toastbrot gibt. Aber dafür
wird abends ja immer gekocht.
Heute campe ich wieder, nachdem das Zelt ja nun trocken ist,
diesmal auf einem idyllischem Zeltplatz an der Wigtown Bay, kurz
nachdem ich Gatehouse of the Fleet rechts liegen ließ. Ich esse
Nudeln und trinke Wein, während die Sonne vor meinen Augen
über der Bay untergeht. Super!!! Zum Glück bin ich doch
weitergefahren.
Samstag, 01. August
Ich wache recht früh auf und packe fix zusammen, denn das gute
regenfreie Wetter muss man ja nutzen. Das Tagesziel: Stranraer,
das Tor zu Irland, eine eher kleine Fährstadt am Loch Ryan. Da
ich gestern endlich mal über 100 Tageskilometer geschafft habe,
werde ich heute wohl die Küste erreichen. Bei Sonnenschein und
starkem Gegenwind starte ich dann in den Tag. Nach 70 km und
Durchfahrt durch Newton Stewart (hübsches Städtchen) und
Glenluce erreiche ich endlich Stranraer. Ich kaufe mir
Fährtickets für den nächsten Morgen und gehe auf den
hasenreichsten Zeltplatz, den ich je zu Gesicht bekam.
So, nun habe ich in 6 Tagen die 390 km von Newcastle nach
Stranraer geschafft. Ursprünglich waren ja mal 2 Tage
eingeplant, aber es hat nicht sollen sein. Nun habe ich ja immer
noch über 3 Wochen Zeit und wenigstens auch was von
England/Schottland gesehen. Gegen Abend kommen noch einige
deutsche Touristen mit Campingwagen oder Zelt auf den Platz.
Fast alles Leute, die heute erst in Newcastle von der Fähre
gegangen sind. Was haben die aber verpasst, was ich gesehen
habe?
Heute nacht lasse ich die Zelteingänge beide offen, damit ich
ein bisschen Zugluft habe. Dadurch kann ich wenigstens noch die
Karnickel rumlaufen sehen.
Sonntag, 02. August
Morgens habe ich genügend Zeit für ein ausgiebiges Frühstück
bevor es auf die Fähre geht. Ich brauche etwa 2 Stunden bis zum
Fähreninnern, wegen der umfangreichen Security-Checks. Beim
Auseinandernehmen meines Anhängers haben die Beamten allerdings
Erbarmen. Als er nicht durch den Durchleuchter passt, lässt man
mich so passieren, welch ein Leichtsinn, wo doch sonst alles
mögliche kontrolliert wird. Na gut, wie ein Terrorist sehe ich
ja wirklich nicht aus, obwohl das später für andere kein
Argument sein sollte.
Natürlich regnet es bei Abfahrt, aber man kann bei diesem
Katamaran der Stena Line eeh nicht auf Deck gehen. Dafür ist es
sehr schnell und hat sogar ein McDonalds an Bord. Für 20 £
geht's also nach Belfast, in die nordirische Provinz des
Königreiches.
Ankunft in Belfast am Nachmittag. Ich schaue mir die Stadt an.
Sie ist allerdings menschenleer, es ist natürlich auch Sonntag
und schon etwas später.
So begebe ich mich auf die Suche nach einem Zeltplatz. Ich fahre
erst mal stadtauswärts die York Street entlang, und komme durch
Gegenden, die sehr nach Getto aussehen. Abgebrannte Reifen und
Häuser, "Kampfspuren" sind hier oft zu entdecken.
Außerdem erkennt man hier sofort, ob das Viertel in
nordirischer sprich protestantischer Hand oder Irisch
katholischer ist. Denn wo man hinschaut, überall Fahnen und
alles ist in den Nationalfarben bemalt, von Straßenschildern
über Postkästen bis zu Bürgersteigen.
Jetzt wird es langsam aber sicher dunkel und unheimlich, einen
Zeltplatz habe ich immer noch nicht gesehen, muss wohl
vorbeigefahren sein. In Carrickfergus, einem Vorort, frage ich
wieder einmal, aber keiner kennt Zeltplätze hier. So fahre ich
zur nächsten Polizeistation, davon ist ja alle paar Kilometer
eine am Straßenrand zu finden, um nachzufragen. Bei uns sind
nicht mal die Kasernen so gut gesichert wie hier normale
Polizeistationen. Nach kurzer Kontrolle und unter Begleitung mit
Maschinengewehr komme ich dann zum Schalter. Die Polizisten
schicken mich wieder 5 km zurück Richtung Belfast. Ich war doch
tatsächlich dran vorbeigefahren, was allerdings auch kein
Wunder ist, weil der Zeltplatz nämlich nur ein kleiner
umzäunter Betonparkplatz mit Klohäuschen ist, der zu allem
Übel auch noch geschlossen hat. So frage ich bei einigen
Leuten, die ganz vernünftig Aussehen und noch irgendetwas im
Garten machen, ob ich dort vielleicht mein Zelt aufstellen
könnte. Da es davon allerdings nicht allzu viele gab und diese
auch noch recht misstrauisch waren, machte ich mich auf den Weg
zur Uni, an der ich jetzt ja schon 2 mal vorbeigefahren war.
Mein Plan: Ich werde mein Zelt auf den Unicampus stellen, da ist
man ja hoffentlich sicher. In einem Belfaster Park möchte ich
jedenfalls nicht übernachten, von Schlafen könnte da eeh keine
Rede sein. Erst mal dauert es eine Weile, bis ich an den obligatorischen
Wächtern vorbei auf den Campus komme (ich wurde dann zum
Chef-Warden begleitet), danach muss natürlich jemand gefunden
werden, der die Erlaubnis zum Nächtigen geben darf. Denn ohne
Security geht in Nordirland gar nichts. Aber zum Glück bin ich
an einen netten Wächter geraten. Seine Kinder gehen auch gerade
auf die Uni. Es dauert dann noch mal ein/zwei Stündchen, in
denen Telefonate mit dem Chef und Mini-Interviews mit mir
geführt werden, dann gibt es das o.k., ich darf im Keller in
einem Abstellraum meinen Schlafsack ausrollen. Es war nachts
dann zwar sehr laut, weil irgendwelche Security-Autos immer
durch den Keller rasten, aber dafür war es trocken, denn
draußen regnete es natürlich mal wieder.
Montag, 03. August
Ich wache sehr früh auf (ich bin eigentlich die ganze Nacht
durch aufgewacht durch diese Autos, aber irgendwann entschloss
ich mich dann, das ganze zu beenden) und packe erst mal alles
zusammen, gehe mich in einem Waschraum waschen. Danach fahre ich
hoch ins Unigebäude in die Cafeteria. Die ist gut gefüllt, was
mich wundert, hier sind ja schließlich auch Semesterferien und
dazu ist es noch Montag früh am Morgen. Auf dem Campus ist
eigentlich alles zu finden, von Geschäften bis zur Bank. Die
Studenten müssten hier normalerweise nie raus.
Na ja, ich fahre erst mal mit Sack und Pack zurück nach Belfast
rein, dieselbe Strecke wie gestern raus. Jetzt sieht die Straße
im Berufsverkehr wenigstens nicht mehr so bedrohlich aus. In der
Stadt erkundige ich mich nach Fähren zurück aufs britische
Eiland, aber helfen kann mir eigentlich keiner, ich kriege nur
Telefonnummern von allen möglichen Fährgesellschaften. Da es
natürlich wieder mal regnet, macht die Stadtbesichtigung nicht
sehr viel Spaß, vor allem werde ich mein Gepäck nicht los (ja
ja,
Johannes, der Terrorist).
Also fahre ich wieder nach Norden aus der Stadt raus, zum
vierten Mal dieselbe Straße, aber diesmal ist nach einer Weile
auf der York-Street Schluss. Eine Polizeiabsperrung versperrt
mir den Weg. Der Verkehr wird auf die Autobahn umgeleitet, an
Radfahrer hat dabei natürlich keiner gedacht. Ich warte eine
Weile vor der Absperrung unter einer Brücke (es regnet immer
noch) und hole etwas zu essen aus meinem Anhänger. Nach einer
Weile kommt ein Polizeiwagen angefahren und man fragt mich, was
ich dort zu tun habe. Ich schildere meine Situation und sie
geben mir den Rat, umzukehren, da ich die Stelle lieber nicht
durch die Ghettos umfahren solle. Dann fahren sie wieder weg, um
aber gleich wiederzukommen. Ich soll mein Fahrrad auseinander
bauen und in dem Panzerwagen verstauen. Dann werde
ich durch den abgesperrten Teil gefahren. Es ist eine Autobombe
explodiert, ein Haus und das Auto sind zerstört, aber zum
Glück keine Toten. Erst Samstag war in Belfast eine größere
Bombe hochgegangen. Nachdem ich mein Fahrrad wieder
zusammengebaut habe, fahre ich weiter über Carrickfergus (recht
schönes Schloss direkt am Belfast Lough, im 12.Jh. gebaut) nach
Larne (weitere Fährstadt mit Verbindung nach Schottland).
Nach einer ausgiebigen Mittagspause bei wahnsinnigem Wind fahre
ich weiter entlang der Antrim Coast Road, eine wunderschöne
Strecke direkt am North Channel, die Verbindung der Irischen See
zum Atlantik. Man fährt direkt am Meer entlang, muss dabei
allerdings jede Bucht und Landzunge umfahren. Auch macht der
Wind den "Ritt" nicht gerade einfacher. Die schönen
kleinen Fischerdörfer und die wunderschöne Landschaft aber
lassen die Zeit vergehen, bis sich plötzlich vor meinen Augen
der Mantel der Vorderrades verabschiedet. Jetzt kann ich nur
noch schieben, das nächste Dorf ist allerdings nicht in Sicht,
immer nur neue Kurven. Ein Pickup nimmt mich dann irgendwann
mit. Sogar einen neuen Mantel kann man im nächsten Örtchen
bekommen.
Danach fahre ich weiter durch Glenarm, Carnlough, Garron Pt.
..., bis ich in Cushendall einen kleinen Trailerpark direkt am
Wasser entdecke. Hier habe ich Meerblick vom Zelt und kann das
Rauschen des Wassers genießen. Das Zeltaufbauen ist bei den
Windgeschwindigkeiten nicht so ganz einfach. Mein Kocher zeigt
heute seine Schwächen, er schlägt auf einmal riesige Flammen,
eine Dichtung hat sich verabschiedet. Also gibt's kalte Platte,
sprich Toastbrot, na ja. Mein Gesamtkilometerstand zeigt erst 526
km, dafür habe ich heute trotz Platten und Wind immerhin die
100 km-Marke erreicht.
Dienstag, 04.August
Aufbruch Richtung Giant's
Causeway, einem Hauptziel meiner
Reise. Der Causeway, die Cliffs of Moher und Dublin, das stand
schon vor der Überfahrt fest, der Rest kam wie es kommen
sollte.
Also fahre ich morgens los nach einer weiteren Ladung Toastbrot.
Ich kürze durch die Antrim Mt. ab, hier ist wirklich kein
Mensch mehr zu sehen. Zudem regnet es so heftig, wie ich es noch
nie erlebt habe. Ich kann kaum 1 Meter weit vorraus sehen, und
man muss hier jederzeit mit Schafen auf der Straße rechnen. Die
kleine Insel Carrick-a-rede mit der bekannten
One-man-rope-bridge lasse ich wegen des schlechten Wetters
rechts liegen und so erreiche ich gegen 4 Uhr und nach ein paar
Regenbögen das Besucherzentrum des Giant's Causeway. Für einen
stinknormalen Wochentag sind hier recht viele irische Familien
unterwegs, aber das ist für sie auch eine Art
Nationalheiligtum.
Da ich auch hier mal wieder nicht mein Fahrrad abstellen bzw.
Gepäck abgeben kann, nehme ich es eben mit. Es geht eine steile
Straße abwärts und dann noch etwa 2 km die Küste entlang,
dann bin ich endlich da, vor einer Menge von Basaltsäulen, etwa
40.000 Stück, die sich bis ins Meer erstrecken, ein Wahnsinn!!!
J Wahnsinn ist allerdings auch die steile Straße, die ich das
Fahrrad samt Gepäck dann wieder hoch wuchten muss, mit dem
Shuttle-Bus an mir vorbeiziehend.
Es wird langsam dunkel und ich fahre weiter nach Bushmills, dem
berühmten Whisky-Ort Nordirlands. Hier gibt es im Gegensatz zu
dem, was meine Karte sagt, keinen Zeltplatz, also verlasse ich
diese Kleinstadt mit den immer fröhlichen Leuten wieder und
fahre Richtung Dervock. Als ich langsam nichts mehr sehen kann,
klingele ich bei einem kleinen Haus und frage, ob ich im Garten
mein Zelt aufstellen könnte. Die Frau (Mrs McNeill) meint, dass
es noch regnen würde die Nacht (ach nee), also solle ich doch
lieber ihren alten Campingwagen nehmen (ach so), der habe auch
'ne Heizung und 'ne Dusche. Na ja, nicht schlecht. Ich bekomme
auch noch ein Radio, so dass ich gemütlich Abendbrot essen
kann. Solche Momente lassen die Tour zu einem Erlebnis werden.
Inzwischen bin ich wirklich froh, alleine weitergefahren zu
sein.
Etwas später kommt der Sohn vorbei und fragt, ob er mich am
nächsten Morgen vielleicht mitnehmen kann, er arbeitet etwa 100
km südwestlich. Ich nehme das dankend an, denn ich habe ja noch
ein ganzes Stückchen vor mir. Also wird es nur eine kurze
Nacht, da wir schon 5:30 Uhr losmüssen.
Mittwoch, 05.August
Ich packe in aller Frühe zusammen, bedanke mich bei der Familie
und bekomme noch Schokoriegel mit auf den Weg (der Sohn arbeitet
bei Nestlé). Jetzt sah ich das Auto, mit dem er mich mitnehmen
will, eine alter VW Jetta. Also wird das Fahrrad mehr
festgebunden als im Kofferraum verstaut. Das tut dem Fahrrad
nicht gerade gut. Zum Glück kann ich die Klappergeräusche vom
Fahrrad und vom Auto nicht so richtig unterscheiden, das hätte
mir sonst noch mehr in der Seele weh getan. Aber die Fahrt ist
dann doch recht lustig. Wir fahren durch kleine Orte, der
Verkehr ist eher ruhig, hier überholt keiner wie ein
verrückter und man steht vor jeder Kurve auf der Bremse, den
Schafen wegen. Nach der Durchfahrt durch Cooleraine und
Cookstown fahren wir westlich nach Omagh. Hier arbeitet er. Auf
dem Werksparkplatz verabschiede ich mich von ihm, er hat es ein
wenig eilig, weil das Einpacken des Fahrrades etwas länger
dauerte und sein Chef wohl nicht viel von flexiblen
Arbeitszeiten hält. Ich baue also mein Fahrrad zusammen und
gucke kurz in die Stadt, die 2 Wochen später Schauplatz des
größten Einzelanschlags in Irland's Geschichte sein sollte,
mit 28 Toten, darunter überwiegend Frauen und Kinder.
Dann breche ich früh Richtung Atlantik auf. Erst geht es durch
eine idyllische hügelige Gegend, bis ich ins Fermanagh-Gebiet
komme. Hier fahre ich über die Boa Island über den Lower Lough
Erne, einem riesigen See, der nördlich an das Shannon-Gebiet
anschließt. Es ist traumhaft, links und rechts sieht man
Wasser. Auf der Insel selbst stehen außer ein paar Häusern nur
Schafe rum. Nachdem ich die Insel wieder verlassen habe, fahre
ich weiter nach Ballyshannon, einem irischen Ort an der Donegal
Bay. Ja, da muss ich die Grenze zur Republik Irland schon
überquert haben. Ein Blick auf die Karte bestätigt dies, bei
Belleck habe ich Nordirland verlassen. Komisch, das man hier
davon gar nichts gemerkt hat.
Die Straße nach Sligo ist zwar recht befahren, allerdings habe
ich meine eigene Spur, die Schafspur, wie man mir sagt. Da es
keine Alternative gibt und es offiziell eine Nationalstraße
ist, die natürlich auch von vielen Touristen befahren wird, musste man sie wohl etwas breiter bauen.
Ich verlasse am Abend die Country Leitrim und fahre in die
Country Sligo ein. Hier entdecke ich links an der Straße eine
Kirche und dazugehörigem Friedhof, der von Menschen nur so
wimmelt. Als ich genauer gucke, sehe ich, daß sich hier das
Grab des Nobelpreisträgers W.B. Yeats befindet, eines großen
Nationalhelden des irischen Volkes. Es ist eher schlicht
gehalten.
In Sligo, einer sehr hübschen alten Stadt an der Sligo Bay,
finde ich einen teuren Zeltplatz mit schlechten Service, der
außerdem sehr laut ist. Das sollte allerdings die Ausnahme auf
der grünen Insel bleiben.
Dafür gehe ich in einen urigen Pub und gönne mir ein
erfrischendes und obligatorisches Guinness, gefolgt von einer
kleinen irischen Whiskytour, bei der sich ein paar
Ansichtskarten wie von selber schreiben. Ich treffe noch einen
Amerikaner, der erst seit ein paar Tagen unterwegs ist,
ebenfalls mit dem Fahrrad, und in einem halben Jahr in Spanien
seine Europareise beenden möchte.
Rechtzeitig zur Sperrstunde verschwinde ich dann in mein Zelt
und schlafe dank bellenden Hunden mehr schlecht als recht.
Immerhin habe ich heute eine schöne Strecke geschafft (100 km
Auto + 120 km Radfahren).
Donnerstag, 06.August
Ich stehe etwas später auf, weil der Regen nicht gerade lockt
und die Nacht auch nicht die beste war. Aber irgendwann fahre
ich dann los. Heute nervt mich das Fahrradfahren, denn die
Strecke ist eher langweilig. Erst komme ich durch Collooney,
dann durch Tobbercurry, Charlestown und Swinford, in der County
Mayo. Die Landschaft ist nicht gerade reizvoll, die Straßen
schlecht und das Wetter tut sein übriges. Ich beneide die
Passagiere der wenigen Autos bzw. Wohnmobile, die vorbeifahren,
die werden wenigstens nicht nass- und dreckiggespritzt. Aber
irgendwann gegen Abend erreiche ich dann Westport, dass ich
heute morgen als Etappenziel anvisiert hatte. Jetzt bin ich doch
froh, ich habe immerhin 108 km geschafft und eine schöne Etappe
am nächsten Tag vor mir. Ich suche im ganzen Ort nach einer
Unterkunft, denn ich wollte nach dem Tag erst mal meine Sachen
trocknen und in Ruhe ausschlafen.
Im 3. Hostel, in dem ich frage, dem "Club Atlantic",
recht schöne am Stadtrand gelegen (wobei Stadt auch zuviel
gesagt ist), ist dann auch noch ein Bett für mich frei und so
breite ich erst mal meine Sachen und mein Zelt zum Trocknen aus.
Als dann auch ein weiterer Radfahrer kommt, den ich in der Stadt
vorher schon gesehen hatte, steigt die Laune weiter. Er ist
Amerikaner. So ziehen wir dann auch noch in die Stadt, um etwas
Essbares aufzutreiben. Danach gehen wir noch auf ein Guinness in
einen Pub. Dort nisten sich wenig später ein paar Iren ein und
machen traditionelle Musik, so bleiben wir dann doch bis zur
Sperrstunde.
Freitag, 07.August
Ich stehe etwas früher auf, meine Sachen und das Zelt sind aber
noch nicht trocken, so frühstücke ich erst mal ausgiebig.
Danach packe ich die feuchten Sachen halt wieder ein und breche
auf nach Connemara.
Gleich nachdem ich aus Westport raus war, kam ich in eine
wunderschöne Landschaft. Rechts die Murrisk-Bergkette und links
die Partry Mts., fahre ich eine kleinere Straße entlang, die
eigentlich ins Nichts führt. Das Nichts ist Clifden, eine Stadt
mit nur 1500 Einwohnern, Zentrum eines menschenleeren Gebietes,
das an Naturschönheit erst mal übertroffen werden muß. Da ist
der Connemara Nationalpark, die zerklüftete Atlantikküste mit
einsamen weißen Sandstrandbuchten, die Joyce's Country und
nicht zuletzt die vorgelagerten kleinen Inselchen, auf denen die
wenigen Einwohner immer noch gälisch sprechen.
Ich hätte eigentlich mit mehr Touristen gerechnet, aber bis auf
die Linienbusse, die ohne Rücksicht auf Verluste durch die
Landschaft brettern, begegnen mir nur recht wenige Touristen. Es
regnet mal wieder in Strömen, was mich heute aber kein bisschen
stört. Vielleicht liegt es daran, das es diesmal voll zur
Landschaft. Die ersten Stunden fahre ich durch unwirtliches
Gebiet, in dem ich nur zwei Häuser entdecke. Aber allein ist
man hier ja nie, denn wo man hinguckt, sieht man auch Schafe.
Die sehen hier allerdings ziemlich schäbig aus. Dazu sind sie
auch noch in allen möglichen Farbkombinationen besprüht, damit
die Hirten die Schafe trennen können, denn Zäune gibt es hier
nur wenige. Die meisten sind außerdem in Leuchtfarben
besprüht, ansonsten würde man die dreckigen Stoffbündel bei
dem Duselwetter auch gar nicht erst entdecken.
So habe ich mir Irland immer vorgestellt: Grün, Regen, Schafe
und menschenleer. Am frühen Nachmittag komme ich dann an den
Killarney Harbour. Ich fahre eine ganze Weile am Fluss lang, der
sich hier durch die Berge schlängelt und mit einem norwegischen
Fjord vergleichbar ist, einfach wunderschön. J Die Zeit scheint
hier stehen geblieben zu sein. Auf einmal sehe ich rechts auf der
anderen Seite eines Sees ein schönes altes Gemäuer, die
Kylemore Abbey. Ab hier kommen mir trotz des Regens jetzt auch
recht viele Radfahrer entgegen, die einen Tagesausflug von
Clifden aus unternommen haben. Also kann es ja nicht mehr weit
sein. Tatsächlich, es sind nur noch 19. Ich hoffe doch stark
Kilometer und nicht Meilen. Das kann man manchmal nicht sagen,
denn es gibt sowohl Schilder mit Kilometer- oder mit
Meilenangaben, manchmal steht glücklicherweise beides drauf.
Aber die Entfernung ist hier eh nur die eine Seite, denn der
Regen und Wind setzen immer noch eins drauf. So bin ich dann in
Clifden wieder mal vollkommen durchnässt und fertig. Aber
glücklich, weil das war heute eine Fahrt durch eine einfach
atemberaubende Landschaft.
Ich habe auch noch etwas Glück und finde ein Bett in einem
4-er-Zimmer. Das kostet hier aber schon mal IR£ 8. Aber so habe
ich wenigstens eine Küche und kann meine inzwischen muffigen
Sachen endlich mal wieder trocknen bzw. auswaschen.
Die Stadt selber ist geprägt vom Tourismus. Im Winter ist sie
sicherlich idyllisch, aber im Sommer versucht hier einfach nur
jeder, etwas von den Touristen abzugreifen. Dabei ist aber alles
noch recht stilvoll, wenn man das mal mit anderen
Touristengegenden vergleicht. Später gehe ich schon nach einem
Guinness zu Bett.
Samstag, 08.August
Heute wollte ich Connemara eigentlich durch das Moorgebiet
verlassen, aber man hat mir gestern gesagt, dass ich unbedingt
den nicht unbedeutend längeren Weg an der Küste nehmen sollte.
Dort sollen wahnsinnig schöne Sandbuchten sein.
Na gut, also breche ich morgens auf. Natürlich ist das Wetter
misty, kein Regen, aber die Luftfeuchtigkeit ist so hoch, dass
ich ganz durchnässt werde beim Radfahren. Als ob man durch
Regenwolken fährt. Und wirklich, nach ein paar Meilen sehe ich
eine versteckte kleine Badebucht mit wahnsinnig sauberem weißen
Sandstrand. Vorher habe ich eine Autoschlange überholt, die
durch eine Horde Schafe, die die Straße für sich gepachtet
hatten, aufgehalten wurde. Der Hirte, der gemächlich auf einem
alten Hollandrad hinterher fuhr, hat sich um fließenden Verkehr
auch nicht gekümmert. Tja, manchmal ist man mit Fahrrad sogar
schneller.
Etwa eine halbe Stunde später komme ich an die Dog's Bay, die
schönste Badebucht, die ich je gesehen habe. Die Landschaft ist
moorig karg, eigentlich unverständlich, dass hier jemand leben
möchte. Außerdem sind hier auch diese unzähligen Steinmauern
zu finden, für die Connemara ja so berühmt ist. Auch sprechen
die Leute noch zum Teil gälisch, der Hirte zumindest hat mir
etwas unverständliches zukommen lassen und dann hämisch
gelacht. Aber vielleicht hat er sich ja auch nur mit mir über
die Touristenautos gefreut, die hinter seinen Schafen herfuhren
und nicht vorbeikamen. Ja, Freundlichkeit und Gastfreundschaft
ist wirklich in jedem Iren zu spüren.
Ich hole meine Sachen aus dem Anhänger, weil ich eine kleine
Brotzeit machen möchte, da kommen dann auch die Autos vorbei,
die Schafe sind natürlich noch davor. Hier ist dann aber auch
Endstation für die Schafe. Muss ja traumhaft sein, eine Weide
mit Blick auf die schönste Badebucht weit und breit. Ich gehe
auch kurz ins Wasser, man muss ja mal im Atlantik gebadet haben.
Bei schönem Sonnenschein wäre das ein Badetraum gewesen, jetzt
ist es nur ein kaltes Vergnügen.
Ich kann mich aber auch nicht allzu lange aufhalten, weil es hier
weit und breit nichts gibt, wo ich übernachten könnte. Also
fahre ich weiter Richtung Outherard. Ich komme an die Straße,
die ich heute morgen nehmen wollte. Ich bin wohl von der
Seestraße abgekommen. Na ja, dann teile ich mir jetzt eben die
Straße mit den Touristenautos. Zum Glück regnet es auch wieder
in Strömen, damit die getrockneten Schuhe auch gleich wieder nass werden.
Am späten Nachmittag komme ich durch Maam Cross, selbst auf
großen Landkarten eingezeichnet, obwohl es nur eine kleine,
aber historisch wichtige Straßenkreuzung ist. Denn viele
Straßen und viele Orte gibt es hier ja auch nicht. So steht
hier eine kleine Tankstelle, ein größeres
Selbstbedienungsrestaurant und ein altes restauriertes irisches
Bauernhaus. Da es schon später ist, telefoniere ich nach
Outherard, um mir ein Bett in einem Hostel zu besorgen, dort ist
aber die Leitung besetzt. Ich fahre also weiter. Der Regen hat
aufgehört und die Sonne kommt noch mal raus, jetzt geht es
gleich doppelt so schnell voran.
In Outherard angekommen, stelle ich mein Zelt im Garten des
Lough Corrib Hostels auf. Dann esse ich mich durch die Fastfood-Imbisse des kleinen Örtchens, das am wunderschönen
Lough Corrib liegt, der fast 50 km lang ist und zusammen mit dem
Lough Mask das Connemaragebiet etwas vom Rest der Insel
abgrenzt. Später sitze ich im Wohnzimmer des Hostels und lese in alten
"National Geographics" Magazinen. Es wird während des
Sommers von einer amerikanischen Schülerin geführt, die sich
so den Europa-Trip finanziert. Diese Nacht wird sehr lange, weil
hier noch Italiener auf der Terrasse feiern, vor der ich mein
Zelt aufgestellt habe. So feiere ich mit. Leider können nur 1
Mädel und 2 Jungs englisch, so wird viel italienisch geredet.
Aber lustig ist's trotzdem, zumal sie alle nicht so recht
trinkfest sind und nach ein paar Dosen Guinness schon recht
aufdrehen.
Sonntag, 09.August
Heute am 2. Sonntag meiner Reise komme ich meinem 3.Megaziel
immer näher, den Cliffs oh Moher. Alle raten zwar ab, weil die
Cliffs im Hochsommer total überlaufen sind, aber ich habe in
Irland noch keine Massen getroffen und außerdem sollen diese
Klippen so imposant sein, dass ich neugierig bin. So begebe ich
mich heute bei Sonnenschein recht früh (11 Uhr) auf die Reise.
Sollte das Wetter in Irland etwa umgeschlagen haben??
Ich erreiche nach etwa 1½ Stunden Galway, eine 47.000
Einwohnerstadt, die an der Mündung des Lough Corrib in die
Galway Bay liegt. Sie hat den Charakter einer mittelalterlichen
Hafenstadt und hat wahnsinnig viele und schön restaurierte alte
Häuser. In der Innenstadt fühlt man sich in alte Zeiten
versetzt. Ich mache hier etwa 2 Stunden Mittagspause und
Besichtigung, dann nutze ich das schöne Wetter zur Weiterfahrt.
Ich fahre eine autobahnartige Straße nach Süden um die Bay
herum, um dann nach rechts Richtung Westen abzubiegen. Jetzt
fahre ich direkt am Wasser entlang, auch merke ich jetzt, was
die Einheimischen mit Touristenverkehr meinten. Ganze
Autoschlangen bewegen sich auf der schmalen von Steinmauern
gesäumten Nationalstraße. Rechts von mir erscheint das
Dunguaire Castle, leider voll mit Touris, so dass ich
weiterfahre. Ich genieße lieber den Ausblick auf Aughinish,
einem kleinem, herrlich idyllisch gelegenen Ort.
Es geht auf das Burrengebiet zu. Das ist eine etwa 160 km²
große Erhebung aus Kalkstein, die in der letzten Eiszeit
geschaffen wurde. Hier findet man noch Orchideen, alpine und
arktische Pflanzen, ebenfalls vom Eis mitgebracht. Eine
einzigartige mondartige Landschaft, die wohl einzigartig in
Europa ist. Am Fuße des Burren liegen die Aillwee Caves, die
ich auch gerne gesehen hätte, aber bei den Besuchermassen. In
Ballyvaughan kommt es zum Verkehrsinfarkt. Schon 4 km vor dem
Ort stehen die Autos im Stau. Ich kann zum Glück vorbeifahren,
obwohl es einiges an Konzentration erfordert bei der engen
Straße. In der Stadt dann gönne ich mir erst mal ein Eis, es
ist doch endlich der Sommer in Irland eingekehrt.
Jetzt sehe ich dann auch den Grund des Staus. Da hat doch
irgendjemand einen Trecker abgestellt und die Straße natürlich
nur noch einspurig befahrbar. Polizei ist natürlich weit und
breit nicht zu sehen. Dafür macht der kleine Eisladen das
Geschäft des Jahrhunderts. Zufall??
Am Ende der Straße biege ich nach links ab, weil ich so den
Touris entgehe, die die Küstenstraße nehmen. So muss ich zwar
durch das Burrengebiet, aber das ist bestimmt genauso schön wie
die Küstenstraße. Erst mal kommt aber ein heftiger
Serpentinenanstieg, der mich ganz schön ins schwitzen bringt.
Jetzt merke ich doch, dass ich den ganzen Krempel mitgenommen
habe (zB. 3-Mann-Zelt...). Als ich endlich über die Bergspitze
drüber bin, geht es ewig lang bergab, ein geiles Gefühl. Ein
kleiner Strauchler bei Tempo 65 mahnt mich dann zur Ruhe, mit
dem Anhänger ist das eine recht wacklige Angelegenheit. Das
Gespann eiert ziemlich. Hier oben sieht es wie in einem Vulkan
aus, rundum sind die Bergketten. In der Mitte des Kessels recht
wenig außer grün. Auch sehe ich recht wenig Schafe hier. Hier
lebt man wohl vom Tourismus.
Als ich wieder über die Berge hinüberbin, habe ich Blick auf
den Atlantik. Es ist zwar noch ein Stückchen, aber Doolin, das
Musikmekka der Westküste und die Stadt der Hostels, kann nicht
mehr weit sein. Eigentlich ist Doolin nicht mehr als ein kleines
unbedeutendes Dorf an der Küste. Aber daß hier ein Hostel auf
2 Einwohner und noch mal so viele Pubs kommt, muß einen Grund
haben. So ist dieses Dorf zufällig mit einem wunderbaren Blick
auf die 5 km entfernten Cliffs of Moher ausgestattet und hat
einen kleinen Bootsanlegesteeg, von wo aus man zu den berühmten
Aran Islands übersetzen kann. Diese Inselgruppe mit den 3
wichtigsten, Inishmore, Inishmaan und Inisheer gehören zu den
bedeutendendsten Sehenswürdigkeiten Irlands, hier ist die Zeit
stehen geblieben, hier wird noch gälisch gesprochen und eine
Unzahl von Steinmauern überziehen die Inseln (insgesamt 10.000
km Länge). Die Leute haben dort früher nicht etwa
hauptsächlich vom Fischfang gelebt, sondern sie bauten Roggen
und Kartoffeln an. Auf der schiefernen Insel haben sie aus
verbranntem Seetang, Sand, Stroh und Dung fruchtbaren Humus
geschaffen, der durch die Steinmauern vor dem Wind geschützt
wurde. Ich habe leider keine Zeit, mir diese Inseln anzugucken,
glaube aber auch, dass man solch eine Naturschönheit nicht in
Menschenmassen genießen kann.
Auf alle Fälle beziehe ich mein Lager nicht in einem der
Hostels, da das Wetter heute zum erstenmal traumhaft war. Nein,
ich stelle mein Zelt auf einen Campsite direkt am Meer auf, mit
Blick auf die Cliffs, traumhaft. J Am Abend nehme ich mein Ken
Follett Buch, dass ich in Belfast erworben hatte, mit an den
Strand. (Es war eigentlich kein Strand, sondern nur riesige
Felsen, die flach ins Meer gingen). Man musste aufpassen, dass
man nicht zu weit nach vorne ging, denn die Wellen nahmen mal
10, mal 20 m Strand unter Beschuss.
So las ich dann solange, bis ich nichts mehr sehen konnte, von
Ross Perot und dessen Befreiungsaktion im Iran, wo er seine
Mitarbeiter in einer privaten Militäraktion herausholte in
jener Zeit, als der Schah gestürzt wurde. Krasser kann der
Gegensatz zu hier nicht sein. Danach schaue ich dann noch eine
Weile auf den Leuchtturm von einer der Inseln, bis ich noch kurz
in einen Pub ging. Dort war natürlich Live-Musik, aber es war so
voll, dass ich dann lieber schlafen ging. Es ist doch einer der
besten Tage bisher auf meiner Tour gewesen, nicht allein auch
wegen dem Wetter.
Ein Wort zu meinem Fahrradcomputer: Ich habe mit den heutigen
117 km endlich die 1000 km-Marke erreicht, was mich zusätzlich
motivierte. Denn bei solchen runden Zahlen denkt man immer
wieder zurück. So schlafe ich ein mit dem Versuch, all meine
Straßen, die ich bisher gefahren bin, in Gedanken nachzufahren;
ein unmögliches Unterfangen. Aber man glaubt gar nicht, was
alles hängen bleibt an Nebensächlichkeiten, die einem beim
Vorbeifahren nicht aufgefallen sind.
Montag, 10.August
Die Sonne lockt mich aus meinem Zelt. So viel Glück kann der
Mensch doch nicht haben. Nach 2 Wochen England/Irland freut man
sich ja schon auf 2 aufeinanderfolgende Tage Sonnenschein. Also
wird auf der Wiese gefrühstückt und dann in Konkurrenz mit
einem anderen Radtouristen die Ausrüstung verpackt. Das ist
immer lustig. Dann geht's los. Es ist ja nicht weit zu den
Cliffs, aber man muss ja an der Steilküste entlang und da geht
es schon heftig rauf und runter, immer begleitet vom Wind. Dann
sehe ich als erstes schon die Touristenmassen, die Busse... .
Ich schließe mein Fahrrad ab, nehme alles wertvolle raus, bei
solchen Touri-Ansammlungen weiß man ja nie. Dann gehe ich hoch
zum O'Briens Tower, der auf einer etwa 200 m Klippe gebaut
wurde. Die Klippen sind etwa 8 km lang und enden an der
Liscannor Bay. Ich gucke natürlich auch über die Klippen, seit
Jahrzehnten Usus für alle Schwindelfreien. Dazu legt man sich
auf den Bauch und hängt seinen Kopf über die Klippen. Wenn
dann ein paar Windstöße kommen, ist das ganz schön gruselig.
Aber heute geht es wohl, zumindest bin ich ja nicht der einzige,
der das macht. Auf alle Fälle ist es der Wahnsinn, 200m in die
Tiefe zu gucken. Das könnte bestimmt ein attraktiver
Absprungort für Basejumper sein, wenn man dort unten wohl
landen könnte.
So, ich verlasse erst mal die Cliffs und fahre die Straße in
südlicher Richtung weiter. Nach ein paar Kilometern biege ich
noch einmal rechts auf einen Schotterweg ab, um einen anderen
Blickwinkel auf sie Klippen zu bekommen, aber ich komme nie ganz
an die Klippen ran, es ist vorher immer abgesperrt, vielleicht,
damit die Schafe nicht über die Klippe fallen. Ich klettere
lieber nicht über die Zäune, den Bauern muss es ja bestimmt
auf die Nerven gehen mit den ganzen Touristen. Zumindest fahre
ich jetzt den Weg an der Liscannor Bay entlang, wunderschön. Es
gibt tatsächlich auch hier diese abgeschiedenen Bauernidyllen,
nur wenige Kilometer von diesen Touristenmassen, die in Irland
irgendwie immer nur punktuell auftreten und den Rest meiner
Reise selten zu sehen waren. Aber hier unweit von Liscannor
kommen wohl nur die wenigsten lang, den Blicken auf mein Fahrrad
schlussfolgernd.
So, jetzt heißt es aber Abschied nehmen von der Westküste.
Über Ennistmon geht es nach Ennis, unweit der Mündung des
River Shannon gelegen. Hier mache ich meine große Mittagspause
und fahre dann weiter Richtung Limerick. Kurz nachdem ich am
Shannon Airport vorbeifahre, sehe ich das Bunratty Castle, das
hatte ich auf der Karte am Vorabend gar nicht entdeckt.
Eigentlich wollte ich ja noch nach Limerick, aber das Schloß
ist echt gut und mit angeschlossenem Folk-Park auch sehenswert.
Da es heute nicht mehr lohnen würde, fahre ich landeinwärts
bis zum nächsten Minizeltplatz. Wieder einmal eine Familie, die
ihren Garten zum Zeltplatz für etwa 10 Zelte ausgebaut haben.
Alle ist perfekt hier, gute Duschen und Küche. Die Frau ist
auch sehr freundlich und macht den Neuankömmlingen erst einmal
einen guten Tee, danach läßt sich ihr Mann erstmal meine
Zeltkonstruktion zeigen, die ihn völlig fasziniert, weil ich es
in 30 sek aufgebaut hatte.
Ich hole noch etwas zu essen aus dem nächsten Ort. Ich kann
kaum Radfahren, ich eiere so komisch rum, dass mich die Leute
schon angucken, ob ich was getrunken habe, aber es ist ein
komisches Fahrgefühl, wenn man die ganze Zeit mit einem
30kg-Anhänger rumfährt, der ausbalanciert werden will. Ich
kaufe mir eine schöne Flasche Wein, etwas Käse und dunkles
Brot, das ich hier glücklicherweise fand. Außerdem gab es dann
noch eine schöne Tageszeitung. Denn bei so einer Tour bekommt
man nicht allzu viel mit von Politik und Weltgeschehen.
So, der Abend war gerettet.
Dienstag, 11.August
Ich stehe früh auf und packe meine Sachen zusammen. Dann fahre
ich zu dem nur wenige Kilometer entfernten Schloss. Noch sind
recht wenige Touristen hier, eigentlich verwunderlich so dicht
am Shannon-Airport. Ich hinterlasse meinen Anhänger an der
Rezeption, ein seltenes Ereignis, dann muss ich natürlich auch
noch ein paar Pfund bezahlen. Aber es wird sich lohnen. Das
Schloss ist eigentlich eine Burg, die um 1425 erbaut wurde. Sie
ist noch mit Originalmöbeln bestückt, wirklich eindrucksvoll.
Hier wohnten die O'Brien-Könige, die allerdings nicht den
berühmten Rundturm auf den Klippen von Moher erbauen ließen.
Dass war ein Parlamentsabgeordneter, der den Tourismusbraten
schon vor 1½ Jahrhunderten roch und den Turm im altirischen
Stil errichten ließ. Hier werden mehrmals in der Woche
mittelalterliche Bankette abgehalten, allerdings sollte man sich
schon lange vorher anmelden.
Die Burg ist in einen großräumig angelegten Folkpark
eingebettet. Hier sind alle möglichen alten Häuser
wiederaufgebaut worden, die man in Westirland vorfand. Zum
Beispiel ein altes Bauernhaus, das früher auf dem Rollfeld des
Shannon-Airports stand. Auch Fischerhäuser, alte Pubs,
Apotheken... sind hier zu finden. Eigentlich sieht man solche
Häuser ja immer noch in allen möglichen Orten, aber natürlich
nicht mit den alten Einrichtungen und den Schauspielern, die
hier die Bewohner spielen. Hier wird Geschichte zum Leben
erweckt, nicht nur einfach ein Freilichtmuseum.
So, jetzt esse ich noch kurz etwas, und dann geht es auch schon
los, heute möchte ich schließlich auch ein paar Kilometer
schaffen. Erste Station ist Limerick, die Stadt mit dem Namen
der berühmten 5-Zeiler. Allerdings ist sie ziemlich
enttäuschend. Die Hauptstraße führt in einer Geraden direkt
durch die Stadt, die ziemlich trostlos aussieht, kein Vergleich
zu Galway oder Kilkenny, durch das ich später auch noch komme.
So verlasse ich die Stadt dann auch wieder recht schnell
Richtung Osten. Der Rückenwind, den ich gestern Abend seit dem
Verlassen der Atlantikküste spürte, hat mich inzwischen
verlassen, so dass mir nur noch die schlechte und stark
befahrene Straße bleibt. Das zehrt dann doch wieder ganz schön
an meinen Nerven, denn es war doch eine psychologische
Unterstützung, schließlich hatte ich mich schon die ganze
Hinfahrt drauf gefreut. So brauche ich recht lange und viele
kleine Pausen und Trinkflaschen, bis ich endlich in Tipperary
ankomme, wo ich dann auch ziemlich erschöpft Mittagspause
mache. Die Sonne macht mir ganz schön zu schaffen, aber über
die möchte ich mich nun wirklich nicht beschweren. Also, meine
Mittagspause dauert etwas länger, ich esse seit langem mal
wieder Fish & Ships, eigentlich ja eher eine englische
Spezialität. Danach fahre ich eine kleinere Straße, die leider
auch nicht besser ist, nach Cashel. Das ist noch einmal eine
recht bergige Angelegenheit. Aber wenigstens hat der Verkehr
nachgelassen. Als es nicht mehr weit, schöpfe ich auch wieder
Kraft. Den heiligen Berg sieht man schon von weitem. Grandios,
da ist er, der Rock of Cashel. Erst muss ich aber durch die
Stadt, wo ich in einem Supermarkt auch noch einmal meinen
Anhänger voller Lebensmittel lade, dann bin ich da, am Fuße
des Berges. Er liegt am Rande von Cashel, einer Kleinstadt mit
etwa 3.000 Einwohnern. Auf dem Berg wurde schon im 5.Jahrhundert
ein Steinfort vom König von Munster errichtet. Erst nachdem er
der Kirche zum Geschenk gemacht wurde, errichtete man hier eine
Kathedrale, eine Kapelle und einen Rundturm. Der Legende nach
soll Sankt Patrick, Irland's wichtigster Heiliger, hier das
Kleeblatt gepflückt haben, mit dem er die Dreieinigkeit
erklärte. Noch heute ist das Kleeblatt das Symbol der Grünen
Insel.
Die Gebäude sind zwar schon etwas verfallen, aber vom Turm hat
man eine wahnsinnige Rundumsicht. Ich kann den Weg, den ich nach
Cashel gekommen bin, bis zum Horizont verfolgen. Ich sonne mich
noch etwa 1 Stunde auf der Wiese, man hat ja wirklich ein
schönes Panorama. Dann entscheide ich mich, doch noch
weiterzufahren, denn das Wetter ist einfach wunderschön und es
ist ja erst 6 Uhr. Als ich auf meinen Computer gucke, sehe ich,
dass ich schon 90 km hinter mir habe. Deswegen war ich auch so
fertig in Tipperary. Das kam mir gar nicht so weit vor.
Schließlich bin ich ja erst spät aus Bunratty losgefahren.
Aber jetzt fahre ich wieder frischgestärkt weiter, den
Sonnenuntergang im Rücken, durch frisch abgeerntete Kornfelder.
Die Straßen sind jetzt wie leergefegt, ich nehme auch extra
Nebenstraßen, um solchen Verkehr wie vorhin zu vermeiden. Ich
möchte möglichst weit bis nach Kilkenny kommen, wo ich mir
für die morgige Nacht ein Bett im Hostel gebucht habe. Das
Radeln macht jetzt richtig Spaß, so daß ich noch etwa 40 km
weiterfahre. Jetzt bin ich an Kilkenny zwar schon etwas
Vorbeigefahren, aber dafür komme ich noch zu dem Zeltplatz, den
mir ein Radfahrer empfohlen hatte. Es ist ein Bauernhof, der
malerisch direkt am River Nore gelegen ist. Er wird betrieben
von einem Bio-Landwirt, der hier 'zig Tiere hält, von Schafen
über Lamas bis zu Vögeln. Die Anlage ist super angelegt.
Nachdem ich im Dunkeln mein Zelt aufgestellt habe, esse ich im
Innenhof mein Abendbrot mit vielen anderen Jugendlichen, die
hier in den Ferien arbeiten. So wird die Nacht bei Wein doch
etwas länger.
Völlig fertig sinke ich dann in meinen Schlafsack. Die Lamas
oder was auch immer blöken noch 'ne ganze Weile, aber
irgendwann siegt die Müdigkeit.
Mittwoch, 12.August
Ich wache gegen halb 11 Uhr auf und frühstücke erst mal. Dann
mache ich mich auf. Ich merke meinen Beinen den gestrigen Tag
an. So bin ich froh, nur die 10 km von Bennetsbridge nach
Kilkenny fahren zu müssen. Als erstes checke ich im Kilkenny
Tourist Hostel ein, einem alten Haus direkt im Zentrum. Es ist
sehr hübsch, mit einer großen Wohnstube mit Ohrensesseln. Dann
gucke ich mir bei strahlendem Sonnenschein die Stadt an. Sie
gilt als die am besten erhaltene mittelalterliche Stadt Irlands.
Sie hat etwa 15.000 Einwohner und ist zum Glück nicht von
Touristen überlaufen. Ich shoppe auch ein wenig und checke
meine e-Mails in einem Computerladen, dann sonne ich mich im
Schlosspark noch, bis die Sonne verschwindet. Danach lese ich im
Wohnzimmer des Hostels noch mein Follett-Buch zuende. Abends
probiere ich in einem Pub noch ein Kilkenny, dann lege ich mich
gegen 10 Uhr schlafen. Übermorgen habe ich ein Hostel in Dublin
reserviert, so dass ich morgen zusehen werde, möglichst weit zu
fahren. Erst mal möchte ich die Tour de France-Strecke erreichen
und dann noch mindestens bis an die Irische See.
Donnerstag, 13.August
Ich breche also relativ früh auf (so etwa gegen 11 Uhr) und
fahre Richtung Carlow. Noch bevor ich die Stadt erreiche, biege
ich rechts nach Bagenalstown (Muine Bheag) ab. Jetzt wird es
doch recht bergig bis zur Küste. Jetzt muss ich laufend
Flußtäler kreuzen, dass ist echt nervenaufreibend, da man bei
der Abfahrt immer schon den nächsten Anstieg sieht.
In Bunclody treffe ich endlich auf das erste Schild, hier fuhren
sie lang, der Tourtross, den ich dieses Jahr leider nicht live
sehen konnte. Aber bei dem Chaos dieses Jahr vielleicht auch
besser so. Im nördlichen Teil Irlands habe ich von der Tour
eigentlich gar nichts mitbekommen, daß war dort nicht mal
nebensächlich, viele haben gar nichts davon gewußt, eigentlich
komisch.
Ich fahre die Tourstrecke bis nach Gorey. Die Stadt ist nur noch
wenige Kilometer von der Irischen See entfernt. Die Strecke war
allerdings eher unspektakulär, ich hatte gehofft, dass sie
bemalt ist mit allen möglichen Fahrernamen, dass war aber nur
direkt nach Bunclody der Fall, aber was soll's. In Gorey mache
ich erst mal große Mittagspause, auch wenn der schon lange
vorbei ist. Jetzt studiere ich erstmal die Karte, wie ich mich
am besten an Dublin annähere. Bis Arklow nehme ich noch die
Nationalstraße 11, die für die Tour de France-Fahrer extra
erneuert wurde. Ich brauche nur eine ¾ Stunde für die 11
Meilen Strecke, dann sehe ich schon Arklow und die Irische See.
Jetzt bin ich also wieder an der Ostküste, nach knapp 20
Radeltagen.
Die Sonne hat etwas nachgelassen, das Wetter ist jetzt eher
neutral. Von jetzt an nehme ich die Küstenstraße, die
teilweise gar nicht mehr an eine Straße erinnert. Hier sehe ich
auch einige Pleiteläden, Vor der Erneuerung der Nationalstraße
war hier wohl auch mal mehr los. Dafür fährt es sich gut, dank
des sehr geringen Verkehrs. In Wicklow angekommen, mache ich
wieder mal Rast. Dies ist eigentlich ein ganz hübscher Ort,
aber da es schon spät ist, halte ich mich hier nicht länger
auf und fahre weiter die Küste entlang bis nach Bray.
Rechts habe ich die Irische See im Blick mit den hier
zahlreichen Badestränden, links immer die Wicklow Mountains,
ein einzigartiges Wanderparadies.
Durch Bray durchgefahren, kommt links ein Zeltplatz in Sicht. Da
ich die Strecke großzügig bemessen hatte, habe ich das 10 km
entfernte Hostel erst ab morgen gebucht, und in Dublin ist zu
der Jahreszeit ohne vorbuchen natürlich nichts mehr zu
bekommen. Der Zeltplatz ist proppevoll mit Fährentouristen, so
suche ich mir dann ein freies Plätzchen. Neben mir campiert ein
VW-Bus mit Dresdner Inhalt, mit denen ich mich noch eine Weile
unterhalte.
Tageskilometer heute: 162,7 km
Freitag, 14.August
Nun, ich wache relativ früh auf und beeile mich, von hier
wegzukommen. Noch bevor die ganzen Massen auf die Duschen und in
die Waschräume stürmen, bin ich unterwegs nach Dun Laoghaire,
einem Vorort von Dublin. Hier habe ich ein Bett für Freitag und
Samstag im Old School Hostel reserviert. Das ist, wie der Name
schon sagt, in einem alten Schulgebäude untergebracht. Ich
hätte es nicht erkannt, sind doch jetzt Duschen auf den Zimmern
und Aufenthaltsräume mit Billard & more entstanden. Auch gibt
es hier eine mensagroße Cafeteria, in der man Frühstück und
Abendbrot bekommen kann. Es ist nicht zuletzt auch dadurch
bekannt, das es sich als erster die begehrte Internetadresse
www.hostel.ie
(mußten sie sie wieder her geben, oder freiwillig?) sicherte.
Von diesem Vorort legt auch die Fähre ab, mit der ich am
Sonntag nach Wales übersetzen möchte. Leider ist mein Zimmer
im Hostel noch nicht frei, so stelle ich meine Sachen erstmal
unter und gehe zum Fährterminal der Stena Line um die Ecke und
erkundige mich. Hier hat man einen schönen Blick über die
Dublin Bay, besonders im Dunklen. Die Zeiten der Fähre und auch
die Preise sagen mir aber nicht so zu, deswegen rufe ich nochmal
bei Irish Ferries an. Hier gibt es für mich das bessere Angebot
(immerhin noch IR£ 40), also werde ich Sonntag doch nicht von
Dun Laoghaire, sondern ziemlich früh vom Dublin Port nördlich
des River Liffey fahren. Hoffentlich verschlafe ich nicht. Die
Fähre geht schon um 9 Uhr und ich muß noch mindestens eine ¾
Stunde fahren plus die Eincheckzeit.
Nachdem das alles geklärt ist, gehe ich zurück ins Hostel und
räume mein Zimmer ein. Dann fahre ich mit der Dart
(Schnellbahn) ins Zentrum Dublins (Baile Átha Cliath). Heute
gucke ich mir nur die Haupteinkaufstraßen an, gehe über die
Halfpennybridge, die so heißt, weil man früher einen halben
Penny Brückenmaut bezahlen mußte und schaue später noch in
den Stadtpark St. Stephen's Green. Es macht Spaß, mal wieder in
einer Großstadt zu sein. Allerdings ist das Wetter nicht mehr
ganz angemessen für meine kurzen Radhosen, so wird man schon
mal schräg angeschaut.
Als es dunkel wird, schaue ich noch in den Temple Bar District,
das legendäre Kneipenviertel Dublins. Aber in meinem Aufzug
kommt man heute eeh nicht mehr weit. So gehe ich noch mal
zurück in die O'Connell Street, die Hauptstraße der irischen
Metropole, und schaue mir noch The Wedding Singer im Kino an.
Danach fahre ich mit der Dart wieder zurück nach Dun Laoghaire,
etwa 15 min Fahrtzeit, wo ich mich im Aufenthaltsraum noch ein
wenig mit einem Nordiren unterhalte, der hier alles scheiße
findet.
Samstag, 15.August
Heute schlafe ich mal etwas aus, dann packe ich meine Sachen, um
sie wieder in den Abstellraum zu stellen. Ich habe leider für
beide Tage andere Zimmer bekommen, da die hier total ausgebucht
sind, aber das macht mir nichts, das Ein- und Auspacken ist bei
mir ja schon zur Routine geworden. Ich habe heute auch etwas
zivilere Sachen und beginne den Tag mit einem Frühstück im
Hostel.
Danach fahre ich mit der Dart wieder ins Stadtzentrum. Heute
steige ich an der Connolly St. aus, gehe zum Trinity College, um
mir das Book of Kells anzuschauen, allerdings schreckt mich dann
die Touristenschlange ab. Eine längere habe ich in meinem Leben
nur vor dem Lenin-Mausoleum in Moskau gesehen. Das Buch gilt als
der Höhepunkt der keltisch-christlichen Kultur. Jeden Tag wird
umgeblättert und so sind es nicht nur Touristen, sondern auch
viele Einheimische, die jeden Tag dorthin pilgern. Man muß
schon einige Zeit in Dublin verbringen, um alle Seiten zu sehen.
Nachdem das also nichts wird, gucke ich mich in den Läden der
Gegend um, bevor ich ins National Museum gehe. Hier stehen
hauptsächlich geschichtliche Exponate von prähistorischer Zeit
bis heute, auch eine Zusatzausstellung von Goldfunden ist zur
Zeit hier.
Danach gehe ich in die National Gallery, in der alles mögliche
von Goya über Gainsborough bis zu irischen Malern hängt.
Am frühen Nachmittag mach eich mich auf Richtung Guinness
Brewery, ein Marsch durch die halbe Stadt, bei dem ich auch die
vielen Händler und Läden im Temple Bar District abklappere.
Die Brauerei selber bzw. das Besucherzentrum Guinness Hopstore
ist eine Art Museum mit Bar und Verkaufsladen. Hier wird einem
die Geschichte der Brauerei eingetrichtert inklusive einem
kleinen Kinofilm und Freibier. Am Ende des Trips soll der
Tourist natürlich auch noch sein Geld im Store lassen, hier
gibt es alles von Guinness, was das Herz begehrt, nur etwas
teurer als anderswo.
Zum Ausklang der Sonnenstunden gehe ich in den Phoenix Park, dem
größten Stadtpark Dublins, der sogar einen Zoo beherbergt.
Abends geht es wieder ins Kino, diesmal Armageddon,
enttäuschend. In die Bars ziehe ich dann nicht mehr, ich bin
doch recht müde vom vielen Gelaufe.
So fahre ich mit der Dart wieder zurück an der erleuchteten
Dublin Bay entlang nach Dun Laoghaire.
Sonntag, 16.August
Heute geht's früh los. Aufstehen im Morgengrauen, alles
zusammenpacken und dann mit dem Fahrrad an der Bay entlang bis
zum Dublin Ferry Port. Die Fahrt ging schneller als gedacht, so
habe ich noch genug Zeit, um noch mal ins Stadtzentrum zu gucken.
Ich esse noch kurz Frühstück bei McDonalds, dann schaue ich in
diesen Basar ein paar Straßen weiter, wo ich gestern eine tolle
Kuriertasche gesehen habe. Leider sind jetzt erst ein paar
Händler dabei, ihren Stand aufzumachen. Tja, da hab' ich wohl
Pech gehabt, das kommt davon, wenn man sich nicht sofort
entscheiden kann.
Also, es geht auf die Fähre. Hier schlafe ich erst mal eine
Weile und kurz vor der Landung in Wales hat es auch schon wieder
zu regnen angefangen. Die Fähre aus Dublin legt in Holyhead an,
die größte Stadt auf Holy Island, einer vorgelagerten Insel.
Von hier aus muss ich leider die Hauptstraße nehmen, da keine
Alternative besteht. Das dort auch alles andere fährt, was von
der Fähre kommt, macht es aber eher zur Qual. Es dauert nicht
sehr lange, dann verlasse ich die Insel und fahre auf die
nächste, die Isle of Anglesey.
Hier nehme ich die nächste Abzweigung links. Zum heftigen Wind
von allen Seiten kommt jetzt noch die hügelige Landschaft. Ich
komme überhaupt nicht mehr voran, habe dazu auch nichts mehr zu
beißen. Also esse ich mich von einer Fish & Ships-Bude zur
nächsten. Die Landschaft hier ist absolut idyllisch, außerdem
bin ich heute in Fotolaune. Nur der ständige Blick nach vorne
macht mich etwas zu schaffen, denn ich habe den freien Blick auf
den Snowdonia National Parc mit seinen hohen Bergen. Hoffentlich
kann ich die umgehen, indem ich direkt an der Küste lang fahre.
Nach der Umfahrung des schönen Nationalparks kam ich in eine
kleine Stadt mit intakter Stadtmauer, Schloß und uralten
Häusern, total unerwartet. So schlug ich hier auch gleich meine
Zelte auf. Neben mir war ein 4-er Trupp Holländer, die hier mit
ihrem VW Golf auf eine Sauf- und Rauchtour gefahren sind. Eines
ihrer Zweimannzelte hing schon völlig zerfetzt im
Stacheldrahtzaun, so dass ich meines lieber recht gut abgespannt
habe.
Montag,
17.August Gleich nach dem Frühstück bemerke ich,
dass mein Anhänger einen Riß im Stahlrohr hat. Ich hatte die
letzten Kilometer auch schon so ein eiriges Gefühl. So
beschloss ich, die Reise per Rad hier abzubrechen. Ich machte
noch einen Tagesausflug in der Gegend und besorgte mir ein
Zugticket zurück nach Newcaste, mit Stopover in
Manchester. Hier endet auch der ausführliche Teil des
Berichtes. Ich habe es nie geschafft, ihn fertig zu schreiben.
Zur Vollständigkeit halber noch der Rest des Trips in Kurzform.
18.August
bis 23.August Morgens mit dem Zug nach Manchester
gefahren. Es gab 2 Fahrradabteile im ganzen Zug, in die jeweils
1 Fahrad hineingepasst hat. Spitze! Ich war zum Glück der erste
und mußte so nicht auf den nächsten Zug warten. In Manchester
habe ich einen Nachmittag damit verbracht, mit die Stadt ein
wenig anzuschauen. Das größte Problem war, Fahrrad und Gepäck
so lange irgendwo unterzustellen, denn am Bahnhof ging das
nicht. Sie hatten Angst vor Bombenanschlägen. Zum Glück fand
ich einen netten Fahrradhändler, der meine Ausrüstung so lange
beaufsichtigte. Die Stadt fand ich nicht beeindruckend, so bin
ich dann Abends auch weiter nach Newcastle. Dort dann spät
nachts auf einen Zeltplatz in South Shields, direkt am Strand.
Hier habe ich die letzten Tage bis zur Fährabfahrt nach Hamburg
dann mit Stadtbesichtigung, Kino, Lesen und Strandliegen
verbracht, doch eigentlich ein schöner Abschluss und
gleichzeitig Erholung von den Strapazen der Tour.
Links
& Infos Fähre:
Ich bin damals mit Scandinavian Seaways direkt von Hamburg nach
Newcastle geschippert. Leider existiert diese Route nicht mehr.
Es gibt aber noch jede Menge anderer Fährgesellschaften wie die
DFDS Seaways . Nach Newcastle
kommt man allerdings nicht mehr von Hamburg aus. Es
gibt auch Kombi-Tickets, die die Fährpassagen von Schottland, England oder
Wales nach Irland beinhalten. Die
Fähre bleibt wohl die günstigste Möglichkeit, einen Urlaub
auf der Insel anzugehen. Außerdem ist eine Schiffsreise auch
ein entspannter Urlaubsauftakt und -ausklang. Wer nur mal kurz
auf die Insel will, der sollte sich aber mal nach günstigen
Flugangeboten der Billig-Carrier wie Ryanair
umschauen. Zeitweise konnte man bei denen schon mal für weniger
als €50 return nach Dublin fliegen. Landesinfo: Wer sich mehr über Irland
informieren, hier noch zwei Webseiten, die umfangreiche
Informationen über Irland enthalten, allerdings auch viel zu
voll gepackt sind. Eine Ausnahme sind dabei die Lonely Planet
Seiten, die über jedes Reiseziel weltweit solide Basisinfos
bereitstellen.
> www.Ireland.com
> www.Irland-infos.de
> www.lonelyplanet.com
Reiseführer:
Ich habe
nach Irland nur einen kleinen Marco Polo mitgenommen,
erstens wegen dem Gewicht und zweitens hatte ich keine
Lust, meinen Urlaub nach einem Buch auszurichten,
sondern wollte lieber frei nach Schnauze und
unvoreingenommen durchs Land reisen. Mit dem Rad fährt
man auch nicht so einfach an den Sachen vorbei wie mit
dem Auto und die Leute vor Ort verraten einem schon, was
man am besten |
|
anschauen sollte. Nach dem
Urlaub habe ich mir dann allerdings den
Velbinger-Reiseführer besorgt und meine Strecke
nachgelesen. Dabei ist mir vieles bewusster geworden,
was ich vorher einfach nur so aufgenommen hatte. Der
Velbinger ist wie gemacht für Backpacker und Radler, da
er enorm viele Tipps (inklusive Wanderrouten) für diese
beinhaltet, die anderswo nicht drin stehen. Dabei kann
der Verlag auf eine riesige Fangemeinde zählen, die die
Infos ständig erweitert und aktualisiert. Auch den
Schottland-Band kann ich unbedingt weiterempfehlen. Nur
bei anderen Ländern kann man sich nie sicher sein, da
alles mit dem Autor |
steht und fällt. Außerdem
ist auch die eigenwillige Aufmachung gänzlich ohne
Fotos und mit ein paar handgezeichneten Karten
ungewöhnlich, halt Information pur. Man muss ihn halt
mögen. Preis: 42 DM. |
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